Wie kommen EE-Projektierende eigentlich an die Eigentümerdaten potenzieller Vorhabengrundstücke – Einfach klingeln?

Von LEE Sachsen e. V.
Erneuerbare Energien

In der Praxis leider nicht ganz so einfach: Da EE-Anlagen meist nicht auf Wohngrundstücken, sondern auf Acker-, Wald- und Wiesenflächen geplant werden, sind Projektierende auf die behördliche Auskunft des Katasteramts angewiesen. Leichter gesagt als getan!

Bevor Projektierer:innen mit der konkreten Planung und Umsetzung neuen EE-Vorhaben starten können, ist es notwendig die benötigten Flächen zivilrechtlich zu sichern. Damit es aber zum Abschluss von Nutzungsverträgen kommen kann, müssen Projektierer:innen erstmal wissen auf welchen Eigentümer sie zugehen müssen. Da es sich aber in der Regel um irgendeinen Acker oder irgendein Waldstück handelt, ist die Suche nach dem Klingelschild meist hoffnungslos. Doch das amtliche Vermessungswesen kann – wenn es denn will – Abhilfe schaffen. Bei den Katasterämtern lassen sich die zu jedem Flurstück erfassten Daten – insbesondere den Eigentümer mit Anschrift – abrufen. Es wird ein Antrag gestellt, man gibt eine kurze Begründung ab und erhält die Eigentümerdaten. Soweit die Theorie.

Das Katasteramt verneint ein „berechtigtes Interesse“ der Projektierenden an der Auskunft

Praktisch ist es so, dass die Projektierer:innen die Daten oftmals nicht bekommen. Nach den landesspezifischen Vorschriften (bspw. § 11 Abs. 2 Satz 4 SächsVermKatG) wird für den Auskunftsanspruch ein „berechtigtes Interesse“ verlangt. Dieses lehnt das Katasteramt meistens unter Angabe folgender zwei Argumente ab:

  1. Das Vorhaben könne sowieso nicht umgesetzt werden, weil die Fläche nicht innerhalb eines Vorranggebietes für die Windenergie liegt bzw. kein Bebauungsplan für eine PV-Anlage aufgestellt ist. Das Katasteramt nimmt also eine Inzidentprüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit vor.
  2. Der Antrag sei zu umfassend („Globalantrag“), da mehr Daten angefragt wurden, als tatsächlich Grundstücke benötigt werden.

Doch die weitreichenden Anträge stellen Projektierer:innen nicht grundlos: Sie wollen sich natürlich das gesamte Projektgebiet sichern, um vor der Konkurrenz geschützt zu sein und die größtmögliche Flexibilität zu behalten, um ggf. umzuplanen.  Ein Argument, dass die Katasterämter nicht gelten lassen. Vielmehr solle der Antrag zusammen mit einem konkreten Layout oder gar mit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eingereicht werden. Müsse man umplanen, könne ja eine neue Anfrage gestellt werden. Völlig unpraktikabel.

Verwaltungsgerichte weisen die Behörden in ihre Schranken

Das VG Dresden (Urt. v. 21. Januar 2022, 7 K 780/19) hat dem Vorgehen der Katasterämter eine Absage erteilt und einen weitgehenden Zugangsanspruch der Projektierer:innen angenommen. Damit reiht sich das Urteil in die bisherigen Entscheidungen des VG Hannover (Urt. v. 25. November 2014, 4 A 6492/13), VG Frankfurt/Oder (Urt. V. 2. April 2019, 7 K 1062/16) und VG Dresden (6. November 2019, 4 K 5232/17) ein und stärkt die Position der Projektierer:innen. Der Entscheidung liegt insbesondere die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „berechtigten Interesses“ zugrunde:  

Danach liege ein berechtigtes Interesse bereits dann vor, wenn es verständig und durch die Sachlage gerechtfertigt sei. Erforderlich ist das Vorbringen sachlicher Gründe, welche die Verfolgung unbefugter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen. Bei vorgetragenen konkreten Planungsabsichten für Windkraftanlagen in dem vom Auskunftsersuchen umfassten Gebiet und dem dadurch deutlich werdenden berechtigten wirtschaftlichem Interesse sei dies gegeben. Die angefragten Eigentümerangaben werden zur Anbahnung von Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern bzw. vorgelagert zur Klärung der diesbezüglichen Bereitschaft zur Grundstücksüberlassung benötigt.

Das Gericht betonte auch,

  1. Dass es keiner Vorverhandlungen mit den Grundstückseigentümern bedarf, wie sie etwa Voraussetzung für die Einsicht in das Grundbuch sind.
  2. Dass sich die angefragten Grundstücke nicht innerhalb eines ausgewiesenen Vorranggebietes für Windenergie befinden müssen. Dies gelte für einen Entwurf sowie beschlossenen Regionalplan gleichermaßen.

Bei der Beurteilung sei nach dem VG Dresden auch zu berücksichtigen, dass Projektierer:innen mit der Planung und Errichtung von Windenergieanlagen die Aufgabe der Stromversorgung übernehmen, die in den Bereich der öffentlichen Daseinsfürsorge fällt und damit auch im öffentlichen Interesse liegt. Dieses Argument wiegt nun nach der neuen Fassung des § 2 EEG umso stärker.

Insgesamt ist das Urteil des VG Dresden nicht überraschend, da es nur die Rechtsauffassung der anderen Gerichte bestätigt. Überraschend hingegen ist, dass sich die Katasterämter nicht daran halten. Auch anderthalb Jahre nach den Urteilen des VG Dresden hat sich in der Angelegenheit nichts getan, die Katasterämter halten an ihrer „etablierten Verwaltungspraxis“ fest. Rechtsstaatlich ist dies – freundlich gesagt – fragwürdig. Den Ausbau der EE hindert es so oder so.

Moritz Müller