Neue THG-Quotenregelung – Fortschritt auf dem Papier, Realität unter Vorbehalt
Von LEE Sachsen e. V.
Sehr geehrte Mitglieder, Partnerinnen und Partner des LEE Sachsen,
mit Datum vom 19. Juni 2025 hat das Bundesumweltministerium den Referentenentwurf für ein zweites Gesetz zur Weiterentwicklung der THG-Quote veröffentlicht.
Ziel ist eine ambitionierte Fortsetzung der Treibhausgasminderungsverpflichtungen im Verkehrssektor unter Umsetzung der europäischen RED III-Richtlinie. Dabei sollen insbesondere erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs – etwa grüner Wasserstoff oder synthetische E-Fuels – massiv gefördert werden. Zugleich treten weitreichende Restriktionen für klassische Biokraftstoffe in Kraft.
Was ändert sich konkret?
Das Gesetz sieht unter anderem vor:
- Eine lineare Erhöhung der THG-Quote bis 2040 auf 53 %, was einem Anteil von über 77 % erneuerbarer Energien im Verkehr entsprechen soll.
- Einführung einer gesonderten Mindestquote für E-Fuels und andere erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs, ab 2026 stufenweise ansteigend bis auf 12 % im Jahr 2040.
- Ausschluss zahlreicher Rohstoffe von der Anrechenbarkeit – etwa Sojaöl, Palmöl und deren Produktionsreste.
- Wegfall der Doppelanrechnung für fortschrittliche Biokraftstoffe.
- Einführung einer Unionsdatenbank zur durchgängigen Rückverfolgbarkeit und strengere Anforderungen an Zertifizierungsstellen.
- Neuer Abgabenmechanismus bei Nichterfüllung – mit empfindlichen Strafbeträgen bis zu 17.000 €/Tonne bei synthetischen Flugkraftstoffen.
Ein Fortschritt mit Fragezeichen.
So ambitioniert die politischen Ziele erscheinen mögen, so kritisch ist ihr regulatorischer Unterbau zu hinterfragen. Die Gesetzesnovelle operiert mit zahlreichen Verpflichtungen, Kontrollmechanismen und technischen Bedingungen, deren praktische Umsetzbarkeit – insbesondere auf internationaler Ebene – keineswegs gesichert erscheint. Gerade der europaweite Flugkraftstoffmarkt, der durch die ReFuelEUAviation-Verordnung adressiert wird, dürfte sich als Achillesferse erweisen. Die Vorstellung, dass Anbieter von Kerosin oder E-Fuels in einem liberalisierten Luftverkehrsmarkt flächendeckend THG-Quoten erfüllen und dabei auch noch nationale Zertifizierungs- und Kontrollstandards akzeptieren, steht in einem eklatanten Spannungsverhältnis zu den realen Marktmechanismen der internationalen Luftfahrt. Freier Wettbewerb kontra Quotenregime. Die Luftverkehrswirtschaft – insbesondere auf Interkontinentalstrecken – ist geprägt von einem harten Wettbewerb und internationalen Angebotsketten. Wenn nun deutsche oder europäische Flugkraftstoffanbieter mit hohen Kosten für E-Fuels oder synthetischen Wasserstoff konfrontiert werden, während Drittstaatenanbieter weiterhin fossile Kraftstoffe zu günstigeren Konditionen vertreiben, drohen Marktverzerrungen, Wettbewerbsnachteile – und vor allem: ein systemisches Ausweichen. Denn anders als im Straßenverkehr ist im Luftverkehr die Tankstelle global – sie kann problemlos verlagert, umflogen oder umgangen werden. Die vorgesehene THG-Abgabe mag formal durchsetzbar sein – wirtschaftlich jedoch steht zu befürchten, dass sie keine Steuerungswirkung entfaltet, sondern schlicht zu Verkehrsverlagerungen und Emissionsauslagerungen führt.
Was bedeutet das für die erneuerbaren Energien in Sachsen? Für die sächsische Energie- und Wasserstoffwirtschaft eröffnet der Entwurf grundsätzlich neue Chancen: Die verstärkte Nachfrage nach nicht biogenen Kraftstoffen könnte langfristig Investitionsanreize für Power-to-X-Anlagen oder regionale Wasserstoffproduktion setzen. Allerdings bedarf es hierfür nicht nur ambitionierter Zielmarken, sondern auch:
- verlässliche Investitionsbedingungen,
- international anschlussfähige Zertifizierungsstrukturen,
- sowie realistisch ausgestaltete Quotenmechanismen, die nicht am Markt vorbei konstruiert sind.
Unser Fazit
Die Novelle zur Weiterentwicklung der THG-Quote ist ein Schritt in Richtung einer klimaneutralen Verkehrswirtschaft – sie setzt richtige Akzente, etwa mit dem Ausschluss problematischer Biokraftstoffe und der Förderung synthetischer Alternativen. Zugleich bleibt fraglich, ob die hochkomplexe nationale Regelungsarchitektur tatsächlich internationale Wirkung entfalten kann – oder ob sie in einem liberalisierten Kraftstoffmarkt schlicht verpufft. Insbesondere im Luftverkehr drohen die europäischen Quoten und Sanktionssysteme von marktmächtigen internationalen Akteuren durchkreuzt zu werden – eine Herausforderung, die nur mit globalen Vereinbarungen gelöst werden kann.
Wir bleiben für Sie an der Thematik dran – und setzen uns dafür ein, dass die Erneuerbaren Energien nicht durch Überregulierung gehemmt, sondern durch kluge Rahmensetzung gefördert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Prof. Dr. Martin Maslaton

info@lee-sachsen.de