Schon vor der Neuwahl auf dem Abstellgleis: Bayern patzt beim Windkraft-Ausbau

Von LEE Sachsen e. V.

Während in Bayern im laufenden Jahr bis Oktober vier neue Windkraftanlagen errichtet wurden, sind im gleichen Zeitraum ebenso viele Anlagen zurückgebaut worden. Laut einer Auswertung des Branchenportals windbranche.de liegt der Nettozubau somit bei null Windrädern. Zwar wächst die installierte Leistung durch effizientere Anlagen um 16,8 Megawatt (MW), doch im Vergleich zum Vorjahr mit einem Plus von fünf Anlagen und 22,8 MW ist dies ein Rückschritt.

Repowering als Chance für mehr Windstromleistung

Der stagnierende Zubau an Windrädern in Bayern bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die Windstromproduktion auf der Stelle tritt. Durch das sogenannte Repowering, bei dem ältere Anlagen durch moderne, leistungsstärkere Windräder ersetzt werden, lässt sich die Stromerzeugung auch ohne eine Erhöhung der absoluten Anlagenzahl steigern. Die neuen Windräder verfügen oftmals über größere Rotordurchmesser und Nabenhöhen, wodurch sie effizienter Windenergie in Strom umwandeln können.

Allerdings reicht das Repowering allein nicht aus, um die ambitionierten Ausbauziele für die Windkraft zu erreichen. Um den Anteil der Erneuerbaren Energien am Strommix deutlich zu erhöhen und die Klimaschutzziele zu erreichen, ist ein Zubau an neuen Windenergieanlagen unerlässlich. Bayern hinkt hier im Bundesländervergleich stark hinterher.

Andere Bundesländer mit deutlich besserer Bilanz

Ein Blick auf andere Bundesländer zeigt, dass der Windkraftausbau auch in Zeiten von Flaute vorangetrieben werden kann. Das benachbarte Baden-Württemberg kommt trotz seiner kleineren Landesfläche auf einen Nettozubau von sieben Anlagen und einem Leistungsplus von über 43 MW. In Brandenburg liegt der Saldo bei 23 neuen Anlagen und einem Leistungsplus von 185,6 Megawatt. 

Auch in anderen Bundesländern geht es voran: Das bevölkerungsreiche Nordrhein-Westfalen verzeichnet mit 17 neuen Windrädern und einem Leistungszuwachs von mehr als 474 MW. Schleswig-Holstein kommt auf 32 zusätzliche Windräder mit einer Gesamtleistung von 355,9 Megawatt.

Selbst kleinere Länder wie Hessen (null Anlagen, aber 80,3 Megawatt durch Repowering) schneiden besser ab als Bayern. Nur die Stadtstaaten (null MW), das Saarland als kleinstes Flächenbundesland (9,7 MW) und Sachsen (9,8 MW) liegen beim Nettozubau hinter dem Freistaat.

Um den schleppenden Ausbau der Windkraft in Bayern zu beschleunigen, sind politische Weichenstellungen nötig. Die umstrittene 10H-Regelung, die den Mindestabstand von Windrädern zur Wohnbebauung regelt, ist dabei im Oktober 2022 sogar abgeschwächt worden: In Vorrang-Gebieten gilt dort jetzt ein Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohnsiedlungen, während ansonsten das Zehnfache der Höhe der Windkraftanlage als Mindestabstand einzuhalten ist. Die SPD-​Fraktion im Bayerischen Landtag fordert längst eine vollständige Abschaffung dieser Vorschrift. Nur so bekomme der Windkraftausbau neuen Schwung und könne dazu beitragen, dass Bayern beim Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht den Anschluss verliert.

Artikel von Kai Gosejohan