Was könnte man in Sachsen tun, um die Verwaltung in Sachen EE zu beschleunigen, Herr Müller?

Von LEE Sachsen e. V.
Erneuerbare Energien

Fragt der Besucher den Abteilungsleiter im Amt: “Wieviel Menschen arbeiten hier eigentlich?”

“Hm, ich schätze so etwa die Hälfte!”

Behörden sind träge, das hat jede:r schon mal erlebt, und daher regelmäßig das Ziel vieler Witze. Doch das muss nicht sein. Projekte der jüngsten Vergangenheit haben gezeigt: Die Behörden können, wenn sie wollen (oder müssen). Jüngstes Beispiel: Die Genehmigungen für die LNG-Terminals. Wo politischer Rückenwind ist, treffen Behördenmitarbeiter*innen auch die notwendigen Entscheidungen. Es gilt also, diesen politischen Rückenwind herzustellen und den Behörden deutlich machen. Wie das geht? Verschiedene Bundesländer machen es vor:

Mecklenburg-Vorpommern hat kürzlich in einem Brief des Ministeriums für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt sowie des Ministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit an die staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt sowie die Ämter für Raumordnung klargestellt, dass sich EE-Vorhaben nun in der Regel durchsetzen müssen. Dazu heißt es:

„Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien liegen fortan kraft Gesetzes im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Sie sind also künftig in allen Ermessens- oder Abwägungsentscheidungen der Fachbehörden als vorrangiger Belang zu berücksichtigen, bestehende Wertungsspielräume sind am § 2 EEG auszurichten. Die Begründungslast für einzubeziehende Behörden, die in ihrer Abwägung eine Entscheidung zulasten von Anlagen der erneuerbaren Energien treffen wollen, wird dadurch erheblich erhöht.“

So wird klargestellt, dass sich nun in der Regel andere Belange hintenan stellen müssen. Dies erleichtert in Grenzfällen eine Abwägung zugunsten erneuerbarer Energien erheblich.

Das Regierungspräsidium Arnsberg hat in einem Rundschreiben an alle nachgeordneten Stellen eindringlich klargemacht, dass Erneuerbare jetzt verwirklicht werden müssen:

„Der Ausbau erneuerbare Energien liegt im überragenden öffentlichen Interesse und dient – das ist durch den Angriffskrieg auf die Ukraine allen deutlich geworden – der Sicherheit. Sicherheitspolitik ist „grüne“ Energiepolitik.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die unterschiedlichen Formen der erneuerbaren Energien nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir brauchen wirklich alles:

· Windkraftanlage auch im Wald, auch in Landschaftsschutzgebieten

· Solaranlagen auf geeigneten Freiflächen und Dächern

· Wasserkraftanlagen mit ökologischer Fischdurchgängigkeit an vorhandenen Querbauwerken

· Biogaserzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen

· Oberflächennahe ebenso wie Tiefengeothermie

· Grubengasnutzung

[…] Ich versichere Ihnen, dass wir Sie im Rahmen der Fachaufsicht unter anderem als obere Immissionsschutz-, Bau-, Aufsichts-, Wasser- und Naturschutzbehörde bei der Realisierung dieser Ziele bestmöglich unterstützen werden.“

Beide Schreiben kommen recht formlos daher, sind aber für die nachgeordneten Stellen verbindlich. Sie stellen also klar, wie mit einer bestimmten Materie (hier: Erneuerbare Energien) umzugehen ist. Im Fachjargon spricht man von einer Verwaltungsvorschrift. Diese behördeninternen Weisungen erleichtern Behördenmitarbeiter:innen Entscheidungen in schwierigen Fällen und signalisieren Rückendeckung von oben, indem klargestellt wird, dass entsprechende Entscheidungen „von oben“ gewünscht sind.

Hier sollte Sachsen einhaken. Ein entsprechendes Rundschreiben des Staatsministeriums für Regionalentwicklung und des Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, den beiden für die Energiewende in Sachsen zentralen Häusern, könnte Wunder wirken und endlich klarstellen, dass die Zeit der Kleinstaaterei in Sachsen vorbei ist.

Denn ressortspezifische Einwendungen (bspw. Denkmalschutz, Luftverkehr, Raumordnung) dürfen gegen Erneuerbare nicht mehr ständig in Position gebracht werden.

Es ist notwendig, dass ein Umdenken stattfindet und solche Belange in den unbedingt notwendigen Fällen durchgreifen. EE müssen sich regelmäßig durchsetzen.

Sollten die Ministerien Schwierigkeiten mit der Formulierung haben, steht der LEE Sachsen gerne bereit, hier zu unterstützen.

Moritz Müller

Gründungsmitglied LEE Sachsen e. V.

Rechtsanwalt Moritz Müller betreut bei der MASLATON Rechtanwaltsgesellschaft beratend und forensisch zahlreiche Projekte zur Errichtung von Erneuerbaren-Energien-Anlagen in Fragen des Verwaltungsrechts, insbesondere zur Errichtung von Windenergieanlagen von verwaltungsbehördlichen als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Dabei ist er vor allem auf den Gebieten des Immissionsschutz-, des Luftverkehrs-, Kommunal- und des Bauplanungsrechts tätig.

Wissenschaftlich betreut er im universitären Betrieb die Vorlesung Umweltrecht II (Prof. Dr. Martin Maslaton) an der TU Chemnitz.