Aufreger des Monats

Von LEE Sachsen e. V.
Windkraft

Veralteter Regionalplan aus dem Jahr 2008 verzögert in Sachsen den dringend benötigten Ausbau der Windenergie

In der Gemeinde Ostrau in Sachsen droht einem Windpark mal wieder die Ablehnung. Für Projektierer soweit nichts ungewöhnliches – doch die Begründung könnte absurder nicht sein.

Der geplante Windpark der JUWI GmbH aus Brandis (bei Leipzig) sollte 2025 ans Netz gehen und damit über 18.000 Haushalte und zahlreiche Unternehmen in Sachsen mit dringend benötigtem günstigen Windstrom versorgen. Im Wege des langwierigen Genehmigungsverfahrens wurden von den Projektierer Gutachten zu Vögeln, Fledermäusen, Schall und Schattenwurf eingeholt und es verstrichen über zwei Jahre Planung. Dann im September dieses Jahres die schlechte Nachricht der Genehmigungsbehörde: Nach Ansicht der Landesdirektion Sachsen seien die geplanten Windenergieanlagen „aus raumordnerischer Sicht nicht zulässig.“

Der Hintergrund: ein 14 Jahre alter Regionalplan und eine Kreisgebietsreform

Die Grundlage, welche die Landesdirektion zu dieser Entscheidung führt, ist ein 14 Jahre alter Regionalplan des Planungsverbandes Westsachsen aus 2008, der die geplante Fläche als nicht geeignet für die Windenergie ausschreibt und einen erfolgreichen Bau des Windparks praktisch unmöglich macht. Das Gebiet der Gemeinde Ostrau, in dem das geplante Vorhaben errichtet werden soll, befindet sich im ehemaligen Landkreis Döbeln und gehörte damals dem für die Regionalplanung zuständigen Planungsverband Westsachsen an. Im Jahr 2008, mit der Kreisgebietsreform, fiel der Kreis jedoch in die Zuständigkeit des Planungsverbandes der Region Chemnitz. Kurz gesagt: Das Gebiet gehört also seit mittlerweile 14 Jahren nicht mehr in die Zuständigkeit des Planungsverbands Westsachsen.

Der alte Regionalplan aus 2008 stammt aus Zeiten in denen der Freistaat Sachsen eine offene Anti-Windkraft-Politik betrieb. Die Ausbauziele für die Windenergie stammen sogar aus dem Jahr 2001. Damals wurde in Deutschland noch in D-Mark bezahlt. In den damaligen Plänen wurden Flächen für die Windenergie in ganz Sachsen allenfalls in homöopathischen Dosen vorgesehen. Bestrebungen nach einer (russland-)unabhängigen Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen waren bis dato nicht im Fokus der Politik. Energiepolitische Ereignisse wie der Reaktorunfall in Fukushima (2011), das Pariser Klimaabkommen (2015) und die weitreichenden Klimabeschlüsse des Bundesverfassungsgerichts* (2021/22) – ließen uns in den Folgejahren die Notwendigkeit einer Energiewende und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien (EE) deutlich spüren. Der andauernde Russland-Ukraine-Krieg führte nun schließlich zur akuten Energiemangellage und Strompreiskrise, womit eine weitere Verzögerung des Ausbaus der EE nicht mehr hinnehmbar ist.

Neuer Regionalplan bereits auf dem Weg

Der seit 2008 zuständige Planungsverband in Chemnitz hat unterdessen einen Teilregionalplan Wind auf den Weg gebracht, welcher im Vorentwurf ca. 1 % der Region als für die Windenergie geeignet skizziert. Die für den Windpark in Ostrau geplante Fläche gehört genau zu diesen skizzierten Potenzialflächen. Doch entgegen allen aktuellen klimapolitischen Bestrebungen führt der langwierige Planungsprozess neuer Regionalpläne zur Anwendung alter, längst überholter Regionalpläne und hält den Ausbau der EE auf. So wie hier in Ostrau: Die Anwendung alter Planunterlagen aus Westsachsen führt zur Ablehnung des Windparks, obwohl der gesamte Landkreis seit 14 Jahren nicht mehr zur Planungsregion gehört.

Die Folge: Stillstand für Projektierer und Klima

Dem gesamten Genehmigungsantrag für den Windpark Ostrau droht damit vorerst die Ablehnung, obwohl allen Beteiligten klar ist, dass die Ablehnung nur eine Halbwertszeit von wenigen Monaten haben wird. Spätestens wenn der neue Regionalplan Chemnitz beschlossen ist, müsste der Windpark Ostrau an gleicher Stelle genehmigt werden.

Die Folge einer vorherigen Ablehnung des Antrages: Ein immenser Mehraufwand für die Projektierer von JUWI und zwei verlorene Jahre für den Windausbau in Sachsen. Das Unternehmen muss die Antragsunterlagen in wenigen Monaten, sobald der neue Regionalplan beschlossen ist, wieder neu zusammenstellen und abermals einreichen. Eine völlig unnötige Verlangsamung des Ausbaus der EE und eine Verschwendung von Arbeitsressourcen, sowohl für die Projektierer, als auch für die ausführende Genehmigungsbehörde, das Landratsamt Mittelsachsen.

Das alles in Sachsen im Jahr 2022, auf einer Fläche, die doch laut zuständigem Planungsverband Chemnitz im Grunde für die Windenergie geeignet sei.

*BVerfG Beschluss v. 23.04.2021 (1 BvR 2656/18 u.a.); v. 23.03.2022 (1 BvR 1187/17).